Was ist der “Hufmechanismus”?

Bestimmt ist dir schon mal der Begriff “Hufmechanismus” untergekommen – sehr häufig wird er in Diskussionen rund um Barhufe verwendet. Aber was ist eigentlich dieser ominöse Mechanismus, den die Pferdehufe da haben?


Gleich vorweg: unterschiedliche Leute verstehen unterschiedliche Details darunter. Ganz allgemein gesagt, versteht man darunter all jene Effekte, die sich aus der Elastizität des Hufs ergeben. Denn: so ein Pferdehuf sieht zwar stabil aus, ist aber erstaunlich beweglich. Die Hufkapsel kann sich sowohl horizontal weiten und zusammenziehen, als auch vertikal an unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten (z. B. Steine) anpassen. Genau diese Fähigkeit nennt man eben “Hufmechanismus” und ist dafür verantwortlich, dass dein Pferd trittsicher läuft.


Bild: Der Huf verwindet sich beim Auftreten auf Unebenheiten, ohne dass das ganze Bein "abknickt"

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Der Huf als Blut- und Lymphpumpe


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Thermografische Aufnahme des Hufs zeigt warmen Barhuf.


Der Hufmechanismus sorgt für gute Durchblutung im gesamten Pferdebein: da Pferde ab dem Karpal- bzw. Sprunggelenk abwärts keine Muskeln mehr besitzen (die normalerweise bei der Durchblutung helfen), würde sich in den Beinen recht bald Blut anstauen. Natürlich ist es grundsätzlich das Pferdeherz, welches das Blut durch den ganzen Körper pumpt. Aber gerade in so weit vom Herz entfernten Körperteilen wie den Pferdebeinen benötigt das Herz Unterstützung, um nicht übermäßig beansprucht zu werden. Und die liefern die Hufe in Form der Blutpumpe: bei jedem Schritt weitet sich die Hufkapsel und zieht sich beim Abfußen wieder zusammen. Dadurch wird der Innenraum abwechselnd weiter und enger und presst damit das Blut aus den Gefäßen. Das passiert übrigens nicht nur mit dem Blut: auch die Lymphgefäße werden so aus dem Huf entleert und damit Schadstoffe abtransportiert.



Eine gute Durchblutung im Huf ist darüber hinaus auch für die Nährstoffversorgung wichtig: nur wenn die Lederhäute im Huf mit genügend Nährstoffen versorgt werden, können sie ausreichend Horn produzieren.

Die Durchblutung kann man sehr anschaulich mit Thermografiebildern darstellen: hier sieht man gut, dass beschlagene Hufe – die ja mehr fixiert sind und der Hufmechanismus dadurch weniger gut arbeiten kann – aufgrund der mangelnden Durchblutung kälter sind als unbeschlagene Hufe.

Der Huf als Tastorgan


Neben der Dehnungsfähigkeit gehört zum Hufmechanismus aber auch die Verwindungsfähigkeit des Hufs (d.h. die vertikale Beweglichkeit vor allem im Ballenbereich). Diese ist für dein Pferd deshalb essentiell, weil es damit beim Gehen Unebenheiten im Boden bis zu einem gewissen Grad ausgleichen kann. Dadurch entlastet der Huf die darüberliegenden Gelenke. Wird diese Anpassungsfähigkeit hingegen unterbunden (z. B. durch einen starren Hufschutz/Beschlag), so müssen stattdessen die Zehengelenke die Unebenheiten ausgleichen. Das heißt, die Zehengelenke müssen seitlich verkippen, wofür sie eigentlich nicht gemacht sind; die Folge sind unphysiologische Belastungen und dadurch entsprechende Verschleißerscheinungen wie Gelenksabnützungen.

Der Huf als Stoßdämpfer


Ein weiterer Effekt des Hufmechanismus ist die stoßdämpfende Wirkung. Denn jedes Mal, wenn dein Pferd auffußt, wirken Kompressionskräfte auf das Pferdebein. Das heißt, die Gelenke werden gestaucht und Muskeln und Bänder federn die einwirkenden Kräfte ab (z. B. über die Fessel). Wenn der Hufmechanismus frei arbeiten kann – wenn sich die Hornkapsel also dehnen kann –, dann wird dadurch auch ein Teil der Energie absorbiert. Bei Belastung wird die Hufkapsel weiter, die Sohle flacht sich ab, das Hufbein senkt sich und übt Zugkraft auf den Hufbeinträger aus. Damit wird ein Teil der Kräfte umgeleitet bzw. aufgenommen. Zusätzlich wird ein Teil der Energie über die “weicheren” Strukturen des Hufs abgefangen, nämlich das Strahlkissen und das Ballenkissen. Da diese aus elastischen Fasern bestehen, können sie die Wucht des Aufpralls sehr gut aufnehmen. Damit erklärt sich auch, warum dein Pferd zuerst mit den Trachten am Boden auffußen sollte (Trachtenfußung), und nicht mit der Zehe (Zehenfußung): nur so wird die Energie bei jedem Schritt bestmöglich aufgefangen und verteilt, wohingegen an der Zehe kaum dämpfende Strukturen vorhanden sind. Bei einer Zehenfußung wird daher das Hufbein unphysiologisch belastet und kann Schaden davon nehmen.

FAZIT


Du siehst also, der Hufmechanismus ist ein echtes “Wunderding”. Wird der Hufmechanismus eingeschränkt (z. B. durch einen starren Hufschutz oder falsche Bearbeitung), so verliert der Huf nach und nach wichtige Fähigkeiten. Je nach Einschränkung und Dauer können manche von diesen Einschränkungen sogar irreversibel werden, das heißt, die entstandenen Schäden können ein Pferd sein Leben lang begleiten. Es ist daher enorm wichtig, dass du optimale Bedingungen für einen optimal funktionierenden Hufmechanismus schaffst: mittels fachkundiger Bearbeitung, flexiblem Hufschutz (falls nötig) und angepassten Böden, auf denen dein Pferd lebt.

 

 Autorin: Nathalie Kurz www.mein-leben-ist-ein-ponyhof.at


Quellen


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